Umsatzsteuer: BFH-Rechtsprechung zur Organschaft

Das Thema der Organschaft berührt zum einem die Körperschaftsteuer und Gewerbesteuer, unter anderen Voraussetzungen auch die Umsatzsteuer. In der Praxis des Steuerberaters spielt die Organschaft eine große Rolle, da sie steuerliche Gestaltungsspielräume eröffnet. Der BFH hat nun mit einem Urteil die Weichen für die Beratung etwas anders gestellt.

Bislang war es bei einer Personengesellschaft als Organträgerin - anders als bei einer Kapitalgesellschaft - für eine finanzielle Eingliederung der Organgesellschaft ausreichend, dass die Mehrheit der Stimmrechte von den Gesellschaftern der Personengesellschaft gehalten wurde. Von dieser Sichtweise ist der BFH nun aber aufgrund der Rechtsformneutralität bei der Umsatzsteuer abgerückt. Eine finanzielle Eingliederung im Sinne von § 2 Abs. 2 Nr. 2 S. 1 UStG setzt nun auch bei einer Personengesellschaft als Organträgerin eine unmittelbare oder mittelbare Beteiligung an der Organgesellschaft voraus. Dabei kann das Fehlen einer eigenen Beteiligung der Gesellschaft auch nicht durch einen Beherrschungs- und Gewinnabführungsvertrag ersetzt werden.

Eine finanzielle Eingliederung setzt die Stimmenmehrheit an der Organgesellschaft voraus. Diese kann auch durch eine mittelbare Beteiligung erreicht werden, wenn der Organträger die Mehrheit über eine unmittelbare Mehrheitsbeteiligung an einer Tochter erreicht. Ist eine Gesellschaft aber weder unmittelbar noch über Tochtergesellschaften mittelbar an einer anderen GmbH beteiligt, reicht die 100 %ige Beteiligung des Alleingesellschafters an beiden GmbHs hierzu nicht aus. Denn dadurch ist keine der beiden gleich geordneten Schwestergesellschaften in das andere Unternehmen eingeordnet. Vor diesem Hintergrund muss jetzt auch die Personengesellschaft selbst über die Mehrheit der Stimmrechte an der Organgesellschaft verfügen.
Auch ein Beherrschungs- und Gewinnabführungsvertrag führt in diesem Fall nicht die finanzielle Eingliederung herbei, selbst wenn darin die Verpflichtung zur Verlustübernahme vorgesehen ist. Aus der Notwendigkeit einer Beteiligung des Organträgers an der Organgesellschaft folgt nämlich, dass eine fehlende Beteiligung nicht durch einen solchen Vertrag ersetzt werden kann. Derartige Vereinbarungen haben auf das Merkmal der finanziellen Eingliederung keinen Einfluss.

Hinweis des Steuerberaters:

Der BFH hält somit an seiner früheren Rechtsprechung nicht mehr fest.
Der Grund: Die unterschiedliche umsatzsteuerliche Behandlung von Unternehmen in Abhängigkeit von ihrer Rechtsform verstößt gegen den durch die EuGH-Rechtsprechung ausgeprägten Grundsatz der Rechtsformneutralität. Dieser Grundsatz gebietet nämlich eine weitgehende Gleichbehandlung von Kapital- und Personengesellschaften.

Diese Neuorientierung des BFH kann in der Praxis des Steuerberaters erhebliche Bedeutung haben. Betroffene verbundene Unternehmen haben sich nämlich bislang keine Rechnungen mit Umsatzsteuerausweis gestellt, weil sie von nicht steuerbaren Innenumsätzen ausgegangen sind und weil sie organisatorisch auf die Abgabe nur einer Steuererklärung für den Organkreis eingestellt waren.

Die BFH-Entscheidung wirkt sich insbesondere auch bei Betriebsaufspaltungen aus. Hier kann die Besitz-Personengesellschaft nun nur noch dann als Organträgerin fungieren, wenn sie selbst über die Mehrheit der Stimmrechte an der Betriebs-Kapitalgesellschaft verfügt. Es ist aber zu erwarten, dass die Finanzverwaltung in dieser Hinsicht Übergangsregelungen anbieten wird.






Eingestellt am 17.05.2011 von S. Arndt
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