Steuerberatung beim Erwerb einer Arztpraxis

Allgemeines zur Vertragsarztzulassung

Die Zulassung zur Teilnahme an der ambulanten Versorgung im Gesundheitswesen – die sogenannte Vertragsarztzulassung – ist eine öffentlich-rechtliche Berechtigung. Sie berechtigt und verpflichtet einen Arzt, gesetzlich krankenversicherte Patienten zu den gesetzlichen Konditionen zu behandeln. Sie ist geregelt in den §§ 95 ff. im Fünften Buch Sozialgesetzbuch (SGB V), im Bundesmantelvertrag – Ärzte sowie in den hierzu ergangenen Zulassungsverordnungen. Die Zulassung ist Voraussetzung für die Ausübung der behandelnden Tätigkeit und an einen bestimmten Praxissitz gebunden. Möchte ein Arzt überörtlich tätig sein, ist ein gesondertes Genehmigungsverfahren durchzuführen.

Bei einer Überversorgung in einem Planungsbereich nimmt die kassenärztliche Vereinigung grundsätzlich eine Zulassungssperre vor.

Will ein Arzt seine Praxis veräußern, so kann durch einen bei der kassenärztlichen Vereinigung zu stellenden Antrag eine Ausschreibung des Vertragsarztsitzes erfolgen. In diesem Fall erhält der Käufer der Praxis unter Umständen die öffentlich-rechtliche Zulassung, selbst wenn die Praxis in einem überversorgten Planungsbereich liegt.

Steuerliche Folgen eines Praxiserwerbs

Steuerliche Behandlung des Erwerbs eines Praxiswerts

Beim Erwerb einer Arztpraxis wird zumeist auch ein Preis für den vorhandenen Praxiswert gezahlt. Die Anschaffungskosten für einen Praxiswert werden bemessen, indem vom Kaufpreis für die Praxis die Teilwerte der erworbenen materiellen und immateriellen Wirtschaftsgüter abgezogen werden. Der Praxiswert kann abgeschrieben werden. Die Nutzungsdauer beträgt bei Übernahme einer Einzelpraxis etwa drei bis fünf Jahre, bei Eintritt in eine Sozietät sechs bis zehn Jahre.

Steuerliche Behandlung der Zahlung für eine Vertragsarztzulassung

Wird eine Praxis mit Vertragsarztzulassung erworben, muss geprüft werden, ob ein einheitlicher Kaufpreis für die Praxis gezahlt wird oder ob getrennte Verträge mit jeweils eigener steuerlicher Auswirkung vorliegen.

Der Bundesfinanzhof (BFH) hat entschieden, dass eine Vertragsarztzulassung grundsätzlich nur ein wertbildender Faktor des Praxiswerts ist. Eine Absonderung des Werts einer Vertragsarztzulassung aus einem einheitlichen Kaufpreis und damit die Konkretisierung eines selbständigen Wirtschaftsguts ist nicht möglich.

Praxiserwerb in einem zulassungsfreien Planungsbereich

Erwirbt ein Arzt eine Praxis, die sich in einem nicht zulassungsbeschränkten Planungsbereich befindet, ist dies unproblematisch. Die Aufwendungen der Vertragsarztzulassung gehören dann zum Praxiswert. Dieser ist insgesamt abzuschreiben (vgl. Punkt 2.1).

Beispiel

Ein Arzt kauft eine Praxis, die sich in einem zulassungsfreien Planungsbereich befindet. Der Praxiswert beläuft sich auf insgesamt 750.000 €. Darin ist der nicht bezifferbare Wert der Vertragsarztzulassung enthalten.

Die Abschreibungsdauer beträgt fünf Jahre. Infolgedessen können jährlich 150.000 € abgeschrieben werden.

Praxiserwerb in einem zulassungs­beschränkten Planungsbereich

Erwirbt ein Arzt eine Praxis, die sich in einem zulassungsbeschränkten Planungsbereich befindet, so kann dies in den folgenden drei Fällen zu einer Konkretisierung eines selbständigen Wirtschaftsguts führen:

Gesondertes Entgelt für die Vertragsarztzulassung

Zahlt der Nachfolger ein vertraglich gesondert ausgewiesenes Entgelt für die Übertragung des Vertragsarztsitzes und ist dieses nur bei Erlangung der Zulassung als Vertragsarzt zu zahlen, liegt insoweit die Anschaffung eines selbständigen immateriellen Wirtschaftsguts vor. Der Erwerb führt nur dann beim Erwerber zu Anschaffungskosten eines selbständigen immateriellen, nicht abnutzbaren Wirtschaftsguts des Anlagevermögens.

Beispiel

Ein Arzt kauft eine bestehende Praxis, die sich in einem zulassungsbeschränkten Planungsbereich befindet. Laut Kaufvertrag entfällt auf die Vertragsarztzulassung ein Betrag in Höhe von 250.000 €. Der Praxiswert ohne die Vertragsarztzulassung beträgt 500.000 €. Der Kaufvertrag tritt insgesamt erst mit Erteilung der Vertragsarztzulassung an den Erwerber in Kraft.

Auch wenn die Vertragsarztzulassung im Kaufvertrag gesondert ausgewiesen wurde, ist diese nicht als immaterielles Wirtschaftsgut „Kassenzulassung“ in Höhe von 250.000 € anzusetzen. Der abschreibungsfähige Praxiswert beträgt 750.000 €. Die Abschreibungsdauer beträgt fünf Jahre, die jährliche Abschreibung damit 150.000 €.

Praxiserwerb zur Erlangung der Vertragsarztzulassung

Erwirbt ein Arzt eine Praxis nur, um als Gesellschafter in eine schon bestehende Personengesellschaft aufgenommen zu werden, sind Anschaffungskosten für die Erlangung der Vertragsarztzulassung in voller Höhe dem Wirtschaftsgut „Kassenzulassung“ zuzuordnen. In diesem Fall wird nach dem ausdrücklichen Willen der Vertragsparteien ein Entgelt ausschließlich für diese Zulassung entrichtet.

Praxisnachfolge ohne Erwerb von weiteren Wirtschaftsgütern

Erwirbt ein Arzt im Rahmen der Nachbesetzung eine Praxis, ohne die Praxisräume (Mietvertrag) und den Patientenstamm (Patientenunterlagen) zu übernehmen, kann wirtschaftlich betrachtet der gezahlte Kaufpreis als Anschaffung einer Vertragsarztzulassung zu werten sein. Im Vordergrund der abgeschlossenen Vereinbarungen oder Verträge muss dazu die Verlegung des bisherigen Vertragsarztsitzes oder die Aufnahme des Erwerbers als weiteren Gesellschafter in eine bestehende Ärztegemeinschaftspraxis liegen.

Abschreibung und Absetzbarkeit

Der Wert der Vertragsarztzulassung kann steuerlich nicht auf die Abschreibungsdauer eines Praxiswerts verteilt werden. Vielmehr ist der Wert nach einem Urteil des Finanzgerichts Nürnberg (FG) auf die voraussichtliche Dauer der weiteren Berufstätigkeit zu verteilen. Dafür wurde im entschiedenen Fall die Vollendung des 68. Lebensjahres zugrunde gelegt; daraus ergab sich eine Abschreibungsdauer von 24 Jahren.

Hinweis

Gegen das Urteil des FG ist Revision beim BFH eingelegt worden. Der Ausgang dieses und eines vergleichbaren anhängigen Verfahrens bleibt abzuwarten.

Grundsätzlich ist die Finanzverwaltung der Auffassung, dass die Vertragsarztzulassung generell zeitlich unbegrenzt erteilt wird und daher eine Abschreibung (AfA) nicht in Betracht kommt. Somit kann das aktivierte Entgelt für den Erwerb einer Vertragsarztzulassung erst bei einer dauernden Wertminderung (Teilwertabschreibung), beim Verkauf der Arztpraxis oder der Aufgabe der ärztlichen Tätigkeit steuerlich abgesetzt werden.

Hinweis

Als Freiberufler können Ärzte ihren Gewinn entweder durch Bestandsvergleich (Bilanz, Gewinn- und Verlustrechnung) oder durch Einnahmenüberschussrechnung ermitteln. Sämtliche vorgenannten Ausführungen gelten unabhängig davon, welche Gewinnermittlungsart gewählt wird.


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